Das Hakenkreuz auf der Wartburg

Ein Plädoyer für tätige Hoffnung nach den Wahlen in Thüringen und Sachsen

Der erste Versuch

Zweimal haben sie es versucht, und beide Male haben sie gelogen. Fake News gehörten schon damals zum Alltagswerkzeug der Faschisten. Sie streuten das Gerücht, der Unterbau des Kreuzes auf der Burgturm müsse überprüft werden, das Kreuz drohe herabzustürzen, da Fäulnis die Tragfähigkeit des hölzernen Fundaments angegriffen habe. Die Burgverwaltung protestierte, aber es nutzte ihr wenig: In einer Nacht- und Nebel-Aktion  wurde das Kreuz abmontiert und durch ein Hakenkreuz ersetzt.

Auf dem höchsten Punkt der Wartburg prangt ein goldenes Kreuz – als Symbol für Freiheitssinn und geistige Größe. Es gab Zeiten, in denen es ersetzt wurde. (Foto: Jürgen lizenzfrei auf Pixabay)

 

Dieser Vorgang ereignete sich tatsächlich, und zwar am 10. und 11. April 1938 auf dem Bergfried der Wartburg nahe der thüringischen Stadt Eisenach. Die Wartburg war schon damals weltberühmt, vor allem, weil sie Martin Luther zehn Monate lang als Versteck diente, er also Asyl genoss in Thüringen, und damit vermutlich seinem Tod entging. Nebenbei übersetzte er in dieser Zeit die Bibel auf Deutsch.

Jede gute Lüge hat einen realen Hintergrund

Das Kreuz wurde dem Turm im Jahr 1859 aufgesetzt – als weithin sichtbares Zeichen für die zuvor abgeschlossene Rekonstruktion der Burgruine zur Prachtburg. Heute ist sie  das weltbekannte Wahrzeichen für zwei zentrale deutsche Ideen: Die der Reformation und die eines geeinten Deutschlands, wie es von den Studenten auf der Wartburg im Jahr schon 1817 gefordert worden war.

Drei Tage lang strahlte das Nazi-Symbol auf der Wartburg, dann wurde es auf Weisung aus Berlin wieder abgebaut. (Foto: Leffler, gefunden auf DDR-postkartenmuseum.de)

Jede gute Lüge hat einen realen Hintergrund, was sie vielleicht glaubwürdiger, aber nicht wahr macht. Die thüringischen Nationalsozialisten machten sich bei ihrer Hakenkreuz-Aktion zu Nutze, dass tatsächlich zwanzig Jahre zuvor das Kreuz vorübergehend eingelagert worden war, um sein vermoderndes Holzpodest zu erneuern. 1938 aber ging es in Wahrheit nicht um das Podest, sondern um das Kreuz. Der Austausch gelang, und drei Tage lang belästigte das beleuchtete Nazi-Symbol Tag und Nacht die Umgebung. Die Vollendung dieser Verschandelung feierte ein Marsch von Hitlerjugendlichen durch Eisenach, aber in der Bevölkerung formierte sich Widerstand gegen das Hakenkreuz, vor allem auch die evangelische Kirche protestierte.

Dann kam die Anordnung aus Berlin, dass das Hakenkreuz zu entfernen sei. Hitlers Regierung wollte nach dem gerade vollzogenen „Anschluss“ Österreichs keinen außenpolitischen Ärger wegen des Thüringer Kreuzes. Die Verbreitung von Fotos und Presseartikeln über das falsche Kreuz wurde verboten. Noch am nächsten Tag verschwand es vom Turm, und am 14. Mai 1938 war der alte Zustand wieder hergestellt. So endete der erste Versuch.

Was die Geschichte des Kreuzes lehrt

In unseren Tagen leuchtet das vergoldete, christliche Kreuz auf der Wartburg, fünf Meter hoch, tief hinein in den Thüringer Wald, und für alle, die seine Botschaft verstehen möchten, auch weit darüber hinaus als imposantes Zeichen von Freiheitssinn und geistiger Größe. Nicht ohne Wirkung, denn zwei Drittel der Wählenden in Thüringen und Sachsen haben am vergangenen Sonntag den Fake News unserer Zeit widerstanden – und nicht blau-braun gewählt. Der Kleingeist des anderen Drittels, auf billige Lügen zu hören und einfache Unwahrheiten zu glauben,  ist bestürzend genug. Aber die Geschichte des wiedererstandenen Kreuzes auf der Wartburg lehrt: Was auch immer Menschen durch Lügen an Verbrechen und Verheerungen anrichten, wie lang und schwer auch immer die Zeit ihrer dummen Kraftmeierei ist –  danach gewinnt die Wahrheit.

Denn erstens sind diejenigen, die bereit sind, die Komplexität unserer Welt zu verstehen und unsere Werte im Umgang damit zu verteidigen noch immer in der großen Mehrheit – und zum anderen wird das Geschrei der politischen Billighändler zwar schmerzhaften Schaden anrichten – aber kein einziges Problem lösen. Mehr Lehrende für bessere Bildung, mehr Pflegende für ein würdiges Alter, mehr Polizei für ein besseres Sicherheitsgefühl – sie alle fallen nicht vom Himmel. Der Mangel an Fachkräften wird nicht geringer, sondern größer, wenn deutsche wie nicht-deutsche Menschen die verödenden Gebiete meiden, in denen sich dumpfe Ressentiments sammeln. Folgen dieser fehlenden Attraktivität sind das traurige Sterben der Infrastruktur, die geschlossenen Läden in den überalterten Kleinstädten und Dörfern, der fehlende Bus, der Mangel an Hausärztinnen, die Schließung von kleinen Krankenhäusern. Alles das können Herr Höcke und Frau Wagenknecht zwar beklagen, aber sie lügen, wenn sie behaupten, dass sie es mit ihren Vorschlägen aufhalten könnten.

Kein Plädoyer für Passivität, sondern für tätige Hoffnung

Die Klimakatastrophe wird sich nicht abschwächen, weil sie geleugnet wird. Die Hitzewellen werden heißer werden und die Überschwemmungen höher. Den Atommüll wollen auch die Thüringer nicht in ihrem Wald vergraben, und in Sachsen kein neues Atomkraftwerk bauen.

Wenn es schließlich weit genug ist, dann wird die Wahrheit gewinnen. Dies ist kein Plädoyer für Passivität, sondern eines für tätige Hoffnung. Sie beginnt mit der Wahrnehmung der Wahrheit, die uns umgibt. Sie bedeutet aktives Eintreten gegen die Lüge, gegen die Gewalt, die bedenkenlose Verachtung in Sprache und Tat.  Sie gründet sich auf die Werte für das menschliche Zusammenlebens, für die auch das Kreuz der Wartburg steht. In seinem Schatten muss sich niemand schämen, dafür einzutreten, Menschen in Not zu helfen, egal, woher sie kommen.

Der zweite Versuch

Es ist diese wuchtige Botschaft, wegen der die Nazis das Kreuz auf der Wartburg unbedingt zerstören wollten. Den zweiten Versuch unternahmen sie ein halbes Jahr vor Kriegsende im November 1944. Wieder musste eine Propagandalüge herhalten: englische Jagdbomber hätten das Kreuz beim Tiefflug zerstört. In Wahrheit war es mit Schneidbrennern zerteilt und demoliert worden. Zum geplanten, erneuten Ersatz durch ein Hakenkreuz kam es nicht mehr. Amerikanische Truppen besetzten Thüringen, und ein Eisenacher Kunstschlosser schweißte die Trümmer zu einem neuen Kreuz zusammen, das (etwas verspätet zum 400. Todestag von Martin Luther am 18. Februar) im November 1946 wieder auf dem Turm der Wartburg stand.

Da war Thüringen bereits von russischen Soldaten besetzt, aber weder sie, noch die atheistisch orientierte DDR tastete das Kreuz jemals wieder an. Mehrfach erhielt es seither eine neue Goldschicht, und so strahlt es bis heute, und erzählt von der Hoffnung auf die Macht der Wahrheit.

 

 

Die Geschichte vom Hakenkreuz auf der Wartburg habe ich auf Wikipedia und bei domradio.de gefunden.

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Ein Wessi staunt im „Elefantenklo“

Das Bauernkriegspanorama von Bad Frankenhausen

Die guten alten Zeiten waren noch niemals gut. Sie waren ungerecht, staubig und versprachen einen frühen Tod. Zu den rätselhaftesten Freizeitvergnügungen unserer Zeit zählen daher Mittelalterfeste. Menschen, die über Auto und Handy verfügen und sich lauthals darüber beklagen, wenn in ihrer Nachbarschaft das Provinzkrankenhaus geschlossen werden soll, wollen sich dort im Vollbesitz ihres Verstands freiwillig zurückversetzen in eine Zeit, in der schuldlose Frauen der Hexerei angeklagt und verbrannt wurden, es menschenverachtende Leibeigenschaften, allenfalls zufallsgetriebene Erfolge der Heilkunst und soziale Ungerechtigkeit zuhauf gab. Wie sicher muss sich jemand sein über die Unvergänglichkeit des eigenen Wohlstandes, wenn er sich in eine solche Welt zurück träumen möchte?

Vom Volksmund als „Elefantenklo“ verspottet: Der Rundbau oberhalb von Bad Frankenhausen in Thüringen birgt eines der größten Gemälde der Welt.

Mut zur Wut machte den Bauern die Bibel

Dabei weiß natürlich jedes wache Wesen, dass in der „guten alten Zeit“ nicht etwa nur romantisch auf offenem Feuer gekocht, süffig-trübes Bier getrunken und sich mit rupfig-rauem Tuch gekleidet wurde. Vielmehr herrschte Mord und Totschlag. Im Jahr 1525 zum Beispiel, als das, was wir heute „Mittelalter“ nennen, gerade zu Ende gegangen war, lehnten sich die Bauern im Süden Deutschlands gegen ihre Herrschaften auf. Getrieben waren sie von Hunger, materieller Not und der umfassenden Aussichtslosigkeit ihrer Lebenssituation. Mut zur Wut machte ihnen auch der Reformator Martin Luther, der durch seine Übersetzung der Bibel ins Deutsche das Gott-Vertrauen in ein Anrecht auf eine gerechtere Welt auch beim „einfachen Volk“ anwachsen ließ. Also kämpften die Bauern mit Dreschflegeln für ein besseres, gerechteres Leben und wurden von den mit Kanonen ausgerüsteten Söldnern der Feudalherren brutal niedergemetzelt. Einer der Anführer der Revolte war der Theologe Thomas Müntzer, ein Weggefährte Luthers, der sich anders als der große Reformator auf die Seite der rebellierenden Bauern schlug, während Luther jede Gewalt gegen die Obrigkeit ablehnte. Müntzer wurde wenige Tage nach der verlorenen Schlacht von Frankenhausen hingerichtet.

Hoch über dem Berghang thront ein Rundbau

Eine der größten Schlachten dieser Art im deutschen Bauernkrieg fand in der Nähe des Ortes Bad Frankenhausen in Thüringen statt, auf einem weiten, bis heute weitgehend kahlen Berghang. Hoch über ihm thront jetzt ein fensterloser Rundbau, der in den 70er Jahren errichtet wurde. Die Einheimischen nannten das Gebäude spöttisch ein „Elefantenklo“, und brachten damit zum Ausdruck, dass der Bau damals wie heute nicht gängigen Vorstellungen von schöner Architektur entsprach – und viele auch wenig Verständnis hatten für seinen Zweck.

Die Rotunde birgt eines der (flächenmäßig) größten Gemälde der Welt, ein Kunstwerk, das mehr über den Gang der Zeiten seit dem ausgehenden Mittelalter bis heute nachdenken lässt als jedes Mittelalterfest. Geschaffen hat das Riesenwerk (123 Meter lang, 14 Meter hoch) der Leipziger Universitätsprofessor und Künstler Werner Tübke. Tübke hatte auch im Westen Beachtung und Anerkennung gefunden und galt als berühmtester zeitgenössischer Maler der DDR. Seine ins Ausland verkauften Werke brachten dem Staat Devisen, aber der künstlerische Ausdruck Tübkes war nicht unumstritten, da er sich gegen ästhetische Vereinnahmungen durch die Ideologie wehrte. Der Maler war ein zweifelnder, von der Denkwelt des Christentums, auch von esoterischen Ideen beeinflusster Mensch. Als im Jahr 1975 entschieden wurde, dass er das größte Bild malen sollte, das der sozialistische Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden jemals in Auftrag gegeben hatte, warnte Tübke seine Auftraggeber: Er werde kein heroisches Schlachtengemälde malen. Vielmehr werde er die Ereignisse, um die es ging, in einen größeren Zusammenhang stellen. Und er forderte das ein, was dieser Staat, der einen perfektionistischen Überwachungsapparat unterhielt, weil er seinen Bürgern zutiefst misstraute, am wenigsten zu geben hatte: Vertrauen und künstlerische Freiheit.

Zwölf Jahre arbeitete Tübke am Panorama

Fronarbeit an der 1722 qm großen Leinwand: mehr als die Hälfte des Panoramas malte Werner Tübke selbst.

Nachdem ihm alles das weitgehend zugesichert worden war, machte sich Tübke an die Arbeit. Zwei Jahre lang studierte er die Maler der Renaissance, auch in Studienreisen ins westliche Ausland. Anschließend erstellte er ein Modell für das Rundbild im Maßstab 1:10, das er im Jahr 1982 fertigstellte. Dessen Konturen wurden mit Lichtprojektoren vergrößert und auf die schon seit vier Jahren in der Rotunde wartende Leinwand übertragen. Fünf weitere Jahre malte Tübke dann im „Elefantenklo“ auf insgesamt 1722 Quadratmetern sein Weltengemälde mit mehr als 3000 Figuren. Er ließ sich helfen von Schülern seines Vertrauens, aber mehr als die Hälfte des gewaltigen Panoramas malte er selbst. In diesen Jahren lebte und arbeitete er bis zur Erschöpfung. Am 16. Oktober 1987 signierte er sein Werk.

Als Tübke endlich fertig war, wollte der Staat bis zur Eröffnung noch weitere zwei Jahre warten. Für das Jahr 1989, zur 500. Wiederkehr des vermutetem Geburtsjahr von Thomas Müntzers (1489), plante die DDR umfassende Feierlichkeiten zur Vereinnahmung des revolutionären Theologen. Die Eröffnung des Bauernkriegspanoramas von Frankenhausen am 14. September 1989 sollte dafür den Höhepunkt bilden. Aber bekanntlich verordnete die Geschichte dem sterbenden Staat andere Prioritäten. Die höchste Staatsführung fehlte beim Festakt, weil sie bereits mit ihrer eigenen Rettung beschäftigt war: Tausende verzweifelte DDR-Bürger umlagerten die Prager Botschaft der Bundesrepublik und suchten den Weg nach Westen.

Die Geschichte verordnete andere Prioritäten

Zwei Monate später fiel die Mauer und im nun diskussionsfreudigen Klima der Nach-Wende-DDR geriet das gerade eröffnete Bauernkriegspanorama in die Kritik. Warum hatte sich dieser bankrotte Staat noch in seinen letzten Stunden ein solches Riesenwerk geleistet? War das nicht pure Propaganda? Und wer war dieser Werner Tübke eigentlich, der da jahrelang an seinem Bild gepinselt hatte – war das nicht ein angepasster Auftragskünstler des verhassten Regimes? Wozu dieses ganze Gebäude, das es jetzt auch noch zu unterhalten gilt? Und die westliche Kulturkritik spottete teilweise selbstgefällig über das Riesengemälde.

Wer schließlich das Schlachtfeld von Frankenhausen hinter sich lässt und hinaufsteigt auf die abgedunkelte Bühne im Inneren des Rundbaus, von der aus das effektvoll ausgeleuchtete Panorama zu besichtigen ist, sieht viel mehr, als Auge und Verstand erfassen können. Stundenlang könnte man all den Geschichten und Mythen nachforschen, all den Figuren begegnen, die sich der Künstler hat einfallen lassen. Es ist ganz sicher nicht ein verherrlichendes, heroisches Bild, das viele Ostdeutsche und erst recht die vorurteilsgetriebenen Wessis hinter den Mauern der Rotunde erwarten.

Das Bild lässt „alle Theorie grau in grau erscheinen“

Denn der Künstler verblieb in seinem Werk im historischen Kontext der Renaissance, schildert die Bauernschlacht in einem Moment, da bereits erkennbar ist, dass sie für die Bauern verloren ist. Tübke ergänzt diese ernüchternde, nachdenkliche Darstellung mit bildreichen Phantasien. Das Gemälde sei „keine didaktische Großillustration, sondern eine historische Parabel menschlicher Irrungen und Wirrungen“ schrieb der Kunstkritiker Eduard Beaucamp von der FAZ, der auch eine kommentierte Sammlung der Tagebuchaufzeichnungen von Werner Tübke herausgegeben hat.  Im Endlosbild ist, geordnet nach den Jahreszeiten, von Adam und Eva, dem Turmbau zu Babel bis zu Luthers Wirken, der Erfindung des Buchdrucks, dem erwachenden Widerstandsgeist der Bürger und Handwerker fast alles zu sehen, was ein christlich-europäisches Weltbild zu bieten hat. Wer dieses Bild gesehen habe, „dem wird die Zaubermacht der Kunst für einen Moment alle Theorie als grau in grau erscheinen lassen“, urteilte der Schriftsteller Golo Mann, nachdem er bereits 1987 das Panorama besucht hatte.

Thomas Müntzer als Zweifelnder: Inmitten der tobenden Schlacht erkennt der Theologe, den die DDR-Führung zum revolutionären Helden machen wollte, dass der Kampf verloren ist.

Das mag heute alles etwas angestaubt klingen. Und doch bleibt, dass hier ein bedächtig zweifelnder Künstler seinem sozialistischen Auftraggeber eine Botschaft aufgezwungen hat, die einerseits im Göttlich-Christlichen fußt, und andererseits den revolutionären Helden fast verloren zeigt im Mittelpunkt des Schlachtgetümmels. Die Regenbogenfahne, damals gedacht als Symbol der Einheit von Gott und Mensch, hat Thomas Müntzer auf dem Bild bereits gesenkt. Nachdenklich betrachtet er das blutige Geschehen, während die verzweifelten Bauern noch die Flagge der „Freyheit“ hoch halten, aber doch schon die Kanonen und Schwerter der vom Adel gedungenen Söldner morden.

Wo bleiben solche Zweifel am Heroischen andernorts?

Wo bleiben solche Zweifel bei anderen berühmten Bauten zur Verehrung historischer Helden der Deutschen? Niemals musste sich die „Walhalla“ bei Regensburg, in der nicht nur Forscher und Dichter, sondern auch zahlreiche Heerführer aller Jahrhunderte geehrt werden, ob ihrer Geschichte rechtfertigen, obwohl es dafür gute Gründe gäbe. Ähnliches gilt für das Völkerschlachtendenkmal bei Leipzig, für den Kyffhäuser in Thüringen oder das Niederwalddenkmal oberhalb des Rheins. Allen diesen Bauten fehlt jener Zweifel am Heroischen, das Tübkes Panoramabild prägt.

Draußen dann, nach diesem farbenprächtigen Rundum-Erlebnis im Halbdunkel, wartet eine große Terrasse vor dem Museum. Der Blick geht über das historische Schlachtfeld hinaus in die weite Landschaft des Südharzes. Vielleicht könnte das der richtige Ort sein für die Betrachtung eines noch größeren Panoramas:

Augen auf!

Einmal die Augen schließen, das Bewusstsein für das Hier und Jetzt anschalten und langsam um die eigene Achse drehen! Was dann zu sehen ist, ist keine mittelalterliche Szene, sondern das Bild der apokalyptischen Herausforderungen von heute zwischen Heiß und Kalt, zwischen Flut und Dürre, von tödlichem aktuellem Kriegsgeschehen, von sozialen Ungerechtigkeiten allerorten. Die Szene ist bevölkert von den vielen Mitmenschen, die sich als Figuren der Fremdbestimmung erleben, die empfinden, herumgeschubst zu werden in einer Welt, die sie nicht verstehen und die ihnen feindlich begegnet.

Es bedarf nur eines solchen Blickes, und Tübkes Rundbild vom Bauernkrieg wird hochaktuell, während auf dem Kyffhäuser das braune Moos wuchert und die meisten Marmorköpfe in der Walhalla längst verstaubt sind. Augen auf!

 

 

Das Bauernkriegspanorama von Werner Tübke ist jeden Umweg wert. Eine virtuelle Tour über das Gemälde und nähere Informationen zu einem Besuch gibt es hier:  https://www.panorama-museum.de/de/

Weitere Informationen zu dem Künstler Werner Tübke z.B. auf Wikipedia, oder auch in diesem sehr interessanten Gespräch anlässlich der Herausgabe seiner Tagebücher mit  dem Kunstkritiker Eduard Beaucamp und der Kunsthistorikerin Dr. Annika Michalski.

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