Die Dunkelbunte im Regen (#45)

Raumhohe Glasfenster geben St. Nikolaus im Hasenbergl ihre besondere farbliche Raumwirkung.

Kath. Pfarrkirche St. Nikolaus, Stanigplatz 13, 80933 München (Hasenbergl)

Mein Besuch am 1. Mai 2023

Es war Regenwetter in München. Tief hingen die Wolken über der Stadt, immer wieder ergossen sich Schauer auf die flüchtenden Menschen, die sich hineinduckten unter die Vordächer und in die Durchgänge, auf der Suche nach einem trockenen Platz. Der Wind peitschte ihnen das Nass hinterher. Unwirtliches Frühlingswetter.

Silberne Vögel stürzen durch den Raum der katholischen Pfarrkirche St. Nikolaus und bilden einen plastischen Kontrast zu dem grandiosen Buntglasfenstern.

Totenstill und menschenleer war die Kirche an diesem unwirtlichen Nachmittag. Vermutlich hätte man Lichter einschalten können, aber mich umfing das Gotteshaus am nördlichen Münchner Stadtrand so buntdunkel meditativ, dass elektrisches Licht nur gestört hätte. Die Anordnung des Raumes ist fast rund, vier Säuen aus rohem Beton halten das mit Holz ausgekleidete, zeltartige Dach. Parlamentarisch um den Hauptaltar herum sind die Kirchenbänke angeordnet, es ist so ein Raum von einladender Weite entstanden. Beleuchtet wird er von fünf raumhohen Buntglasfenstern, die inhaltlich den großen Kirchenfesten gewidmet sind. Mir war die inhaltliche Botschaft dieser Fenster vergleichsweise gleichgültig, aber nicht, welche verträumte Farbwelt sie hineinzaubern in diesen dunklen Kirchenraum. Wenn es wieder regnet im Hasenbergl, dann werde ich dort wieder Schutz suchen. Oder vielleicht vor der Hitze des Sommers? Wie müssen diese Fenster erst leuchten, wenn die Sonne scheint?

St. Nikolaus wurde 1962/63 errichtet, zusammen mit dem Stadtteil aus Mehrfamilienhäusern, der sie umgibt. Sie ist damit auch ein Zeitdokument der alten, aufstrebenden Bundesrepublik: Das Wirtschaftswunder hatte für bescheidenen Wohlstand gesorgt, Wohnraum wurde benötigt und die Menschen wollten damals noch eine Kirche in ihrer Mitte wissen. Diese Zeiten haben sich geändert. Die nebenan zur gleichen Zeit errichtete protestantische Evangeliumskirche wird gerade umgebaut. Sie ist zu groß geworden für die schrumpfende Gemeinde, der Kirchenraum wird reduziert zugunsten moderner, barrierefreier, flexibel nutzbarer Begegnungsorte „gelebter Nächstenliebe in Münchner Norden“ (so deren Pfarrerin Sophie Schuster im Gemeindebrief von St. Nikolaus),

 

Eine gute Übersicht und Beschreibung der Kirche findet sich hier: https://strasse-der-moderne.de/kirchen/muenchen-hasenbergl-st-nikolaus/

Weitere Kirchen aus meiner Sammlung #1000Kirchen finden Sie hier.

Die Dünenkirche (#0021)

St. Nikolaus, Strandjepad 2, 26465 Langeoog

Mein Besuch am 2. September 2021

Auf Sand gebaut, umgeben von Dünen: St. Nikolaus auf Langeoog

Eigentlich soll sie einen versunkenen Schiffsrumpf symbolisieren. Aber für mich ragt der Kirchenturm wie das Schwert eines Hais aus der Wellenlandschaft der Dünen. St. Nikolaus ist die katholische Kirche auf der Nordsee-Insel Langeoog, ein längliches, wasser- und windumtostes Sandgebilde voller Touristen, aber auch voll von natürlicher Stille, autofrei, strandverwöhnt.

Seit Jahren reise ich auf diese Insel, wenn ich auf der Suche nach Weite, Meer und guter Luft bin, und niemals darf ein Besuch in St. Nikolaus fehlen. Nicht, weil ich einen Gottesdienst aufsuchen würde. Auch nicht, weil die viel größere und zentral im Ort gelegene Inselkirche der evangelischen Kirchengemeinde weniger zugänglich oder attraktiv wäre. Sondern wegen der Dünenlage von St. Nikolaus, die das in den 60er Jahren errichtete und mehrfach renovierte Kirchengebäude auf drei Seiten umgibt. Wo könnte man sinnbildlicher erfahren, was es bedeutet, wenn etwas „auf Sand gebaut“ ist?

Der Wasserturm, und dahinter das Meer: Der Blick aus dem großen Fenster von St. Nikolaus (Foto: Ute Vogt)

Im Inneren erwartet den Besucher ein trapezförmiger Raum, stimmungsvoll erleuchtet im Wesentlichen durch ein einziges großes Glasfenster, das den Blick frei gibt auf die Dünenlandschaft der Nordsee, bis hin zum Inselsymbol, dem Wasserturm. Die Innenausstattung ist schlicht und streng, und doch einladend, sich zu setzen, die Stille zu hören und seinen Gedanken nachzugehen. Bei Flut rauscht draußen das Meer. Wie oft war ich in einer Kirche und habe vor allem hinschauen dürfen: tolle Architektur, sakrale Kunst, aufregende Bilder, strenge Statuen. Hier lenkt kaum etwas davon ab, worum es in einer Kirche gehen kann: Einen Ort von erbauter Meditation zu finden.

Übrigens habe ich noch nie gesehen , was es dort gibt: Einen gemeinsamen Gemeindebrief der ev. und der kath. Kirche auf der kleinen Insel. Ökumene ist möglich!

Baugeschichte von St. Nikolaus auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/St._Nikolaus_(Langeoog)